Auf Informationskanälen in verschiedene Richtungen rudern

Ruhig auch einmal misslungene Bilder eiskalt in die Überschrift einbauen, warum auch nicht. Ich habe anlässlich des Geburtstages von Sohn I in der letzten Woche erwähnt, dass die Smartphones so alt sind wie er. Dass ich da also ein Event aus der Technikhistorie habe, welches ich mir besonders gut merken kann. Zum kurz darauffolgenden Geburtstag von Sohn II gibt es auch eine markante, digitale Änderung. Die auf den ersten Blick weniger spektakulär wirkt als die Sache mit der portablen Hardware, die in der Auswirkung aber ebenfalls drastisch ist. Seit 2009 nämlich sehen Sie und ich nicht mehr die gleichen Google-Ergebnisse, wenn wir nach etwas suchen. Wir sehen seitdem und in der Auswirkung davon jeweils nur noch, nun ja, auf uns optimierte Versionen von praktisch allem.

Was auch immer das im Detail genau heißt. Es ist ein außerordentlich abgründiges Thema und unbedingt auch in Verbindung zu sehen mit dem Absterben der Lokalzeitungen, dem Rückgang der Fernsehquoten etc. Sicher auch mit dem Nachlassen des Lesevermögens in vielen Ländern, es gab dazu gerade neue, eher frustrierende Statistiken. Wir haben da jedenfalls unterm Strich einen Verlust an Informationsverbindlichkeit, und so unwichtig ist das nicht.

Ich beschäftige mich, wie mehrfach erwähnt, auch beruflich mit KI. Ich teste herum und versuche, aktuelle und auch künftige Möglichkeiten einzuschätzen und zu sondieren. Nicht in einer besonders wichtigen oder tragenden Rolle, das nicht. Ich bin nicht vorne dabei oder treffe große Entscheidungen. Nein, ich gehöre lediglich zu denen, die aus solchen Innovationen am Ende irgendwann Prozesse und meistens auch Regeln machen, so banal ist das. Prozesse, die im besten Fall verlässlich funktionieren, Regeln, die man im besten Fall gut verstehen kann.

Weswegen ich mir also vieles in diesem Bereich ansehe und damit herumspiele. Weil bei einer solchen Art der Beteiligung eine simple Verweigerung keine Option ist. Außerdem bin ich darüber hinaus ein durch Neugier motorisierter Mensch, auch deswegen möchte ich das gerne einschätzen können.

So testete ich etwa gerade Recherchemöglichkeiten, von denen einige noch recht neu sind. Ich meine diese Varianten, bei denen die großen Modelle auf das Internet direkt zugreifen und nicht nur mit ihrem Trainingsdatenbestand arbeiten. Ich suchte nach einem speziellen Buch zu einem Nischenthema, es war so eine Buchsuche, bei der auch in einer Buchhandlung die meisten Menschen vermutlich erst einmal nachdenklich zur Decke gucken würden.

Im deutschen und im englischsprachigen Markt, noch lieferbar, bis Höchstpreis, für eine bestimmte Zielgruppe, reich bebildert. Da suchen die Modelle dann lange, teils sehr lange herum. Manche zeigen ihre Arbeit dabei an. Man sieht, was sie gerade machen, manche zeigen es aber auch nicht an. Im Falle von Mistral, das habe ich mir gemerkt, sieht man da ein dermaßen emsiges Abarbeiten von Detailaufgaben, was dann so ausführlich berichtet und immer noch einmal hektisch korrigiert wird, dass einem die Software irgendwann fast leidtut. Wie ein Praktikant, der eine Aufgabe etwas falsch versteht und sich daraufhin vollkommen unsinnig und geradezu tragisch verausgabt und verrennt, wobei er fortwährend „Kommt gleich! Kommt gleich!“ ruft, mit im Laufe der Stunden allmählich schwächer werdender Stimme.

Was ich jedenfalls nicht erwartet habe: Alle Modelle liefern mir vollkommen korrekte, brauchbare Ergebnisse. Aber sie liefern sie interessanterweise ohne Schnittmenge. Es sind x verschiedene, gut begründete Empfehlungen, die aussehen, als kämen sie aus verschiedenen Märkten. Sie kommen aber aus den gleichen. Dann googele ich das auch noch, wie son Boomer vom Dienst, und finde dabei, man ahnt es bereits, eine weitere Empfehlung, die mir ebenfalls sinnvoll und korrekt vorkommt – und die sich wiederum von allen anderen Ergebnissen unterscheidet.

Ich weiß noch nicht recht, was mir das alles sagt. Aber selbst, wenn man sie aus irgendwelchen Gründen gut finden möchte, diese Vielfalt der Ergebnisse, beinhaltet sie doch auch ein Problem, ein großes, nicht wahr?

Denn erstens würden wir, wenn Sie so etwas auch machen, vermutlich nicht einmal ansatzweise zusammenfinden und immer weiter auf strikt getrennten Informationskanälen in verschiedenen Richtungen herumrudern. Von denen wir nicht genau wissen können, wessen Interessen sich darin wie algorithmisch auswirken. Aber gut, das konnte man in der Vergangenheit auch manchen Methoden und Tools anlasten, schon klar.

Was aber wäre zweitens eigentlich die Antwort, zu der eine kundige Buchhändlerin, Bibliothekarin, Fachautorin nach entsprechender Recherche und Studium neigen würde? Bei der es dann vielleicht sehr wohl eine immerhin vorstellbare Eindeutigkeit und Verbindlichkeit geben könnte? Oder wenigstens hätte geben können? Was wäre das früher sogenannte Standardwerk gewesen?

Es ist nur ein beliebiges Beispielthema. Man kann das übertragen auf den ganzen Rest. Lösen kann man es sicher nicht, im Sinn behalten sollte man es aber auf jeden Fall. Denn auch diese Effekte tragen zur Erosion sozialer Verbindungen bei, denke ich.

Schild in der Außengastro:

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Published on September 08, 2025 21:03
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Maximilian Buddenbohm
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